Sonntag, 26. August 2007

Liquidity: Minsky-Moment

Einfluss-Beurteilung
Faktorwert:-9
Relevanz:8

Rückblickend auf die letzten Jahrzehnte konnten sämtliche negativen Einflussfaktoren - nicht einmal die Schocks von 1998 und 2001 - dem langfristigen Aufwärtstrend der US-Börsen (in USDollar bewertet) nichts anhaben.
Das wachsende Vertrauen der Marktteilnehmer in die schützende Hand der Zentralbanken, hat zu einem historisch einmaligen Rückgang der Risikoaversion geführt. Der Grad an Verschuldung und 'Leveraging' hat in der selben Zeit entsprechende Höchststände erreicht.
Fehlende Regulierungs- und Selbstschutzmechanismen haben zusätzlich dazu beigetragen, dass sich breite Teile der US-Bevölkerung immens verschuldeten, basierend auf der Erwartung endlos ansteigender Vermögensanlagebewertungen.

Die Charakterisik des gegenwärtigen 'Minsky-Moments' hat sich anfänglich durch das Implodieren des Hypothekenmarkts geäussert, welcher im folgenden zu ansteigenden Spreads zwischen Zinsen hoch- und minderwertiger Schuldbonität geführt hat.

Zur Zeit findet die Neubewertung von Risiken vornehmlich in den Märkten für Leveraged Buy-Outs (LBO) und Unternehmensanleihen statt. Ein nahes Ende dieser Korrekturphase ist - trotz helfender Hand der US-Notenbank - nicht in Sicht.

Hyman Minsky unterschied in seinen Ausführungen zwischen drei Kategorien von Schuldnern.

1) Gesunde Schuldner, welche Ihre Schuldzinsen und die effektive Schuldrückzahlung durch den eigenen Cashflow entgelten können
2) Spekulative Schuldner, welche lediglich die regelmässigen Schuldzinsen durch den eigenen Cashflow decken können. Diese sind im weiteren auf liquide Kapitalmärkte angewiesen, um am Ende der Laufzeit die Schulden durch einen 'Roll-Over' refinanzieren zu können.
3) 'Ponzi-Borrowers' welche weder die Schuldzinsen noch die effektive Schuldrückzahlung gewährleisten können. Solche Schuldner niedrigster Bonität sind auf ständig steigende Preise der fremdfinanzierten Anlagen angewiesen, um den wachsenden Schuldenberg refinanzieren zu können.

Ein Grossteil der US-Hypothekennehmer ('Ponzi-Borrowers') scheint - angesichts sinkender Immobilienpreise und steigender Hypothekarzinsen - bereits das Zeitliche gesegnet zu haben. Es muss davon ausgegangen werden, dass dieser Säuberungsprozess noch keinen Boden gefunden hat.
Durch die rasant steigende Kreditausfallsquote sind entsprechend zahlreiche Gläubiger in Schieflage geraten, welche ihrerseits wiederum Schuldner bei übergeordneten Kreditgeber höherer Bonität sind.
In diesem Kontext ist zu erwähnen, dass bereits die meisten kleineren und mittleren Gläubiger der 'Ponzi-Borrowers' aus dem Markt geschieden sind. Grosse Fremdfinanzierer wie Countrywide kämpfen derzeit noch mit dem Überleben.

Parallel dazu führen die Ausfälle zu weiteren Kettenreaktionen, da Gläubiger wie Countrywide auch gleichzeitig Schuldner bei Kreditgebern hoher Bonität sind.

Was wir zur Zeit sehen, ist eine Verknappung der Liquidität aufgrund zunehmend wachsenden Misstrauens.
Es ist noch nicht absehbar, inwieweit diese Kreditausfälle an der Bonität qualitativ hochwertiger Unternehmen/Geldgebern kratzen werden.


Ich rechne in hohem Masse mit einer weiteren Verschärfung der Kreditkrise und einer schmerzhaften Schuldendeflation.
Als Konsequenz dieser Erwartungshaltung rechne ich mit heftigen Zinssenkungsschritten bis zum Ende dieses Jahres, bevor es zu einer nachhaltigen Beruhigung der Situation an den Finanzmärkten kommen kann.

Es ist für mich im weiteren nicht auszuschliessen, dass die US-Notenbank an Glaubwürdigkeit verliert, bzw. das Vertrauen in die Bonität der Vereinigten Staaten auf tönernen Füssen steht. Ich würde selbst einen Staatsbankrott der USA nicht gänzlich ausschliessen.